Wichtiger Hinweis:

Du wirst nach deinem Kauf mehrere E-mails vom Shop erhalten. Die E-mails kommen nicht unbedingt am selben Tag bei dir an.

Die erste E-Mail ist die Bestellbestätigung. Die nächste E-mail ist die Bestätigung dass wir deine Bestellung abgeschlossen haben. (Falls du eine Veranstaltung gekauft hast, bekommst du hier auch deine Tickets; bitte zur Veranstaltung mitbringen, auf dem Handy oder gedruckt)

Die letzte E-mail ist deine Rechnung. Bekommst du diese nicht, brauchst aber eine Rechnung, dann melde dich bitte beim Veranstalter.

Jörn Petersen

Nicht „entweder oder“, sondern „sowohl als auch“

Dänischer Südschleswiger ist voll integriert in die deutsche Minderheit

Jörn Petersen ist in der dänischen Minderheit in Südschleswig aufgewachsen. Inzwischen lebt er mit seiner Frau, die Bundesdeutsche ist, in Nordschleswig. Das Ehepaar hat seine beiden Kinder in den Einrichtungen der deutschen Minderheit in Dänemark aufwachsen lassen. Jörn Petersen ist Ortsvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN) in Sonderburg (Sønderborg). Ihm ist es ein Anliegen, die Zweisprachigkeit zu fördern und die deutsche und dänische Kultur zu kombinieren.

Rennberg/Rendbjerg Ingenieur Jörn Petersen und seine Ehefrau Marion Petersen haben ein Haus in der Arnkielstraße (Arnkilgade) in Sonderburg. Das Porträtinterview mit dem 52-Jährigen findet nicht in der Alsenmetropole, sondern in der familiären Ferienoase in Rennberg statt. In der Siedlung und dem Ferienhausgebiet unweit von Ekensund (Egernsund) verbringt das Ehepaar Petersen freie Tage in Verbindung mit den Osterfeiertagen 2023. Das Haus mit Blick auf die Flensburger Förde (Flensborg Fjord) und Langballigau ist seit Jahren ein beliebter Rückzugsort des Paares. Der Alltag der Petersens ist geprägt von anspruchsvollen beruflichen Tätigkeiten und ihrem ehrenamtlichen Einsatz für die deutsche Minderheit.

Jörn mit deutschem Ö

Jörn Petersen ist in Eckernförde (Egernførde) aufgewachsen. Seine Eltern Elke und Hans Jörg Petersen, die beide dänische Südschleswiger sind, planten in Anlehnung an ihre aktive Zugehörigkeit zur dänischen Minderheit, ihrem jüngsten Kind den Vornamen Jørn zu geben. Als Jörn Petersen am 29. Juli 1970 geboren wurde, war es in Deutschland nicht erlaubt, den dänischen Buchstaben Ø anzuwenden. Deswegen musste das Ehepaar mit dem deutschen Alphabet und dem Buchstaben Ö vorliebnehmen, erzählt Jörn Petersen und schmunzelt. Er hat inzwischen seinen ursprünglichen Standort in der dänischen Minderheit wenn nicht verlassen, so doch um das Engagement in der deutschen Minderheit in Nordschleswig erweitert. So schließt sich der Kreis um das runde O mit Umlaut oder Querstrich, zumindest ist die Aussprache im Dänischen und Deutschen fast identisch.

Jörn Petersen ist in Eckernförde aufgewachsen. In den 1990-er Jahren zog er nach Dänemark.

Foto: Karin Riggelsen

Die Petersens kommen im Doppelpack nach Nordschleswig

Jörn Petersen und seine Ehefrau leben seit Juli 1997 in der Kommune Sonderburg. Der Wechsel über die deutsch-dänische Grenze erfolgte, als Jörn Petersen, der Softwareingenieur ist, sein Fachpraktikum bei der damaligen Firma „Arcodan” machte und anschließend bei dem Unternehmen angestellt wurde. Seine Zweisprachigkeit habe ihm schon damals die Türen zum dänischen Arbeitsmarkt geöffnet. Seit nunmehr 18 Jahren arbeitet der 52-Jährige bei dem Sonderburger Unternehmen „OJ Electronics A/S“, wo er sich unter anderem mit der Entwicklung und Programmierung von integrierten Steuerungen beschäftigt. Petersen schreibt beispielsweise die Software für die Motorsteuerung für Ventilationsanlagen. 

Ingenieur Jörn Petersen ist komplett zweisprachig. Er freut sich darüber, dass er und seine Ehefrau ihren beiden Kindern einen „guten kulturellen Rucksack“ mit zwei Sprachen mitgeben konnten. Sowohl Sohn Jesper als auch Tochter Mia (rechts im Bild) haben das Elternhaus verlassen.

Foto: Karin Riggelsen

Balkonnachbarn in Flensburg

Marion und Jörn Petersen lernten sich während ihres Studiums in Flensburg (Flensborg) als Balkonnachbarn kennen und lieben. Marion Petersen ist gebürtige Flensburgerin und in Heide in Dithmarschen aufgewachsen. Die musikalische Marion, die fünf Tage älter ist als ihr Ehemann, studierte an der Pädagogischen Hochschule Flensburg die Fächer Erziehungswissenschaften, Musik und Biologie. Sie hatte schon während ihres Studiums an Kinderchorprojekten in Nordschleswig teilgenommen und unter anderem „Musikalische Früherziehung“ in den deutschen Kindergärten unterrichtet. Nach verschiedenen beruflichen Stationen in der deutschen Minderheit wurde Marion Petersen 2020 Schulleiterin und Campusleiterin im Kindercampus Lunden.

In die dänische Minderheit hineingeboren

„Meine Eltern waren und sind in der dänischen Minderheit aktiv“, sagt Jörn Petersen. Während seine Mutter, die in einer Minderheitenfamilie auf Sylt aufgewachsen ist, im einen der beiden dänischen Kindergärten in Eckernförde arbeitete, übernahm sein Vater, der gelernter Zimmermann ist, in jüngeren Jahren die Leitung des dänischen Jugendfreizeitheims. Er war maßgeblich am Aufbau der dänischen Minderheit in Eckernförde beteiligt, sagt Jörn Petersen. Hans Jörg Petersen hat unter anderem den Südschleswigschen Wählerverband (SSW, Sydslesvigsk Vælgerforening) jahrelang im Eckernförder Stadtrat vertreten.

„Ich bin in die dänische Minderheit hineingeboren worden. Mit meinem Vater habe ich früher meistens Deutsch und Plattdeutsch gesprochen, aber inzwischen sprechen wir Reichsdänisch. Im Grunde genommen haben wir uns sprachlich immer der jeweiligen Situation angepasst“, überlegt Petersen. Nach dem Besuch der dänischen Schuleinrichtungen in Eckernförde wechselte er 1985 an die dänische Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe in Flensburg: An der Duborg-Skolen bestand Jörn Petersen 1990 sein Abitur. Den Zivildienst leistete er nachfolgend in seiner Heimatstadt ab. In Regie des mobilen sozialen Hilfsdienstes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) betreute er ältere und hilfsbedürftige Menschen, die im eigenen Zuhause lebten.

Jörn Petersen hat vor einigen Jahren die doppelte Staatsbürgerschaft erlangt. Er ist deutscher und dänischer Staatsbürger, genau wie seine beiden Kinder.

Foto: Karin Riggelsen

Praktikumsplatz führte von Flensburg nach Sonderburg

Danach kehrte Jörn Petersen nach Flensburg zurück, denn er hatte einen Studienplatz an der Fachhochschule Flensburg bekommen, wo er Ingenieurwesen mit dem Studiengang Elektrotechnik belegte. Gegen Ende des Studiums war er auf der Suche nach einem Arbeitgeber, wo er in einem Zeitraum von einem halben Jahr sein Fachpraktikum ablegen konnte. Im Raum Flensburg habe er keinen Platz finden können. Deswegen orientierte er sich 1996 gen Norden. „Ich habe mich bei ,Arcodan′ in Sonderburg beworben  und den Fachpraktikumsplatz bekommen“, sagt Jörn Petersen. Im Januar 1997, als er seine Abschlussarbeit abgegeben hatte, wurde er fest angestellt bei dem Unternehmen. Die Firma ist später von einem amerikanischen Unternehmen aufgekauft und Mitte der 2000-Jahre geschlossen worden.

Baumängel förderten Freundschaft

Eine witzige Schilderung darüber, wie er seine Marion kennenlernte, erzählt Jörn Petersen gerne. „1992 waren wir zehn Studierende, die zusammenfanden. Der eine Teil war aus meiner Fachhochschule und der andere Teil aus der Pädagogischen Hochschule, die gleichzeitig in ein neu gebautes Studentenwohnheim eingezogen sind.  Als wir im Herbst 1992 einzogen, da war das Studentenwohnheim teilweise noch eine Baustelle. Da waren viele Sachen, die noch nicht ganz fertig waren. Um das wieder gutzumachen oder als kleine Kompensation hat das Studentenhilfswerk, welches der Besitzer und der Vermieter war, ein Grünkohlessen organisiert“, so Petersen. Der kleine Freundeskreis war der letzte harte Kern, der noch um die Tische saß und sich amüsierte. „Irgendwann kam die Bedienung und stellte eine Flasche Korn auf den Tisch und sagte, wenn ihr die ausgetrunken habt, dann ist Schluss. Das war die Entstehung einer inzwischen 30 -jährigen Freundschaft“, verrät Jörn Petersen.

12. Januar 1993

Es dauerte danach noch eine Weile, bevor sich die Liebe zwischen Marion und Jörn Petersen festigte. „Das war am 12. Januar 1993. Wir konnten in diesem Jahr das 30-jährige Jubiläum unseres Zusammenkommens feiern“, sagt Jörn Petersen und lacht herzlich. Obwohl das junge Paar in Flensburg in einer Wohnung zusammengezogen war, entschloss es sich, seinen Standort nach Dänemark zu verlegen.

Umzug und Hochzeit im Juli 1997

„Ich hatte meine Arbeit in Sonderburg und war das Pendeln leid“, erinnert sich Jörn Petersen. Am 1. Juli 1997 erfolgte der Umzug in das neu gekaufte kleine Haus in Düppel (Dybbøl). Drei Tage später heiratete das Paar standesamtlich im Rathaus und kirchlich mit einer deutsch-dänischen Trauung in der Heiligen Geist Kirche (Helligåndskirken) in Flensburg. Der dänische Pastor aus Eckernförde stand der Trauung vor. Gefeiert wurde das Fest in den geschichtsträchtigen Räumen der alten dänischen Schützengilde Sankt Knuds Gildet in Flensburg.

Im Juli 1998 kam Sohn Jesper Daniel zur Welt, Tochter Mia Caroline wurde im Oktober 2002 geboren.

Marion und Jörn Petersen heirateten 1997 in Flensburg.

Foto: Privat

Eigenen Weg gefunden und zur anderen Minderheit „übergelaufen“

Sein Vater sei ein sehr zurückhaltender Typ und es gehöre schon einiges dazu, dass er seine Meinung deutlich äußert. Jörn Petersen rechnet damit, dass sein Vater sich damit zurechtgefunden hat, dass Jörn und Marions Kinder die Einrichtungen der deutschen Minderheit besuchten. Letztendlich habe er gesehen, dass da nichts Nationalistisches hintersteckte und er könne sich nun darüber freuen, dass seine Enkelkinder zweisprachig sind.

Dass Jörn und Marion für ihre Kinder die Einrichtungen der deutschen Minderheit gewählt haben, hat trotz des „Seitenwechsels“ keine Konflikte zwischen Jörn und seinen Eltern ausgelöst.

Bei der Feier zum 75. Geburtstag des Vaters im Jahre 2005 sei es allerdings zu einer Episode gekommen, die verdeutlichte, dass Jörn und Marion Petersens Wahl der deutschen Minderheiteneinrichtungen für ihre Kinder unter den Freunden seiner Eltern nicht unumstritten war.

Jesper wurde von einem Freund seines Opas gefragt, welche Schule er besuchen würde. Jesper habe ganz unschuldig geantwortet, dass er auf die deutsche Schule in Sonderburg geht. „Das hat den Freund meines Vaters schon sehr erstaunt“, lacht Jörn Petersen. Diese Reaktion überraschte ihn nicht sehr, denn die Generation seiner Eltern hat, wie Petersen sagt, eine ganz andere Zeit miterlebt.  Nach dem Zweiten Weltkrieg war es nicht problemlos gewesen, der Minderheit anzugehören.

Von diesem nationalen Konflikt merke man heute nichts mehr, unterstreicht Jörn Petersen. Letztendlich haben seine Frau und er auch ihren eigenen Weg finden müssen.

Weihnachtsfest mit sprachlichen Herausforderungen

Während Jörn Petersen seit Kindheit an komplett zweisprachig ist und auf Englisch als internationale Geschäftssprache eingestellt ist, machte seine Frau ihren ersten Dänisch-Sprachkurs in Flensburg. „Meine Schwester lebt auf Fünen. Nachdem Marion ihr erstes Weihnachtsfest in meinem Elternhaus feierte, beschloss sie, dass sie Dänisch lernen wollte“, schmunzelt Petersen. Weil sein Schwager nur Dänisch spricht, habe die ganze Familie sich damals auf Dänisch unterhalten. Da hatte Marion nicht lange gezögert und beschlossen, dass sie die Sprache des Nachbarlandes lernen wollte, denkt Jörn Petersen an die Anfangsjahre an der Seite seiner Frau zurück.

Bei den Petersens wird die Haussprache immer der jeweiligen Situation angepasst. Jörn Petersen spricht Dänisch, Marion Deutsch mit den Kindern. Das Ehepaar spricht Deutsch miteinander.

Unabhängig davon, ob das nun Deutsch in Dänemark ist oder Dänisch in Deutschland, da habe ich nicht so recht unterschieden. Für mich ging es darum, eben eine zweite Sprache und eine zweite Kultur zu lernen.

Für Jörn Petersen hat seine Mehrsprachigkeit viele Türen geöffnet.

Zweite Sprache und zweite Kultur mit hohem Stellenwert

Jörn und Marion hat es immer am Herzen gelegen, ihre Kinder mit zwei Sprachen und zwei Kulturen aufwachsen zu lassen, damit sie auch die Vorteile der Zweisprachigkeit genießen können. „Unabhängig davon, ob das nun Deutsch in Dänemark ist oder Dänisch in Deutschland, da habe ich nicht so recht unterschieden. Für mich ging es darum, die zweite Sprache und Kultur des Grenzlandes zu lernen“, schildert Petersen seine Sicht der Dinge. Er ist überzeugt davon, dass das Kennenlernen des multilingualen Prinzips in jungen Jahren es einem Menschen zu einem späteren Zeitpunkt erleichtert, mehrere Sprachen zu lernen.

Vorstandssitzung richtete Fokus auf Eigenheim in zentraler Lage

Als Tochter Mia drei Jahre alt war, zog die vierköpfige Familie ins Zentrum von Sonderburg.  Wie es zum Kauf des Eigenheimes kam, daran erinnert sich Petersen noch sehr gut. Vor seinem Engagement im Vorstand der Deutschen Schule Sonderburg (DSS) war Petersen auch Vorsitzender des Vorstandes des Deutschen Kindergartens (DKS) an der Arnkielstraße.  

„Bei einer Vorstandssitzung, wo wir unten im Keller saßen, schau ich so ein bisschen rüber auf dieses kleine Einfamilienhaus, da auf der anderen Straßenseite. Da dachte ich noch, das sieht ganz nett aus“, erinnert sich der 52-Jährige. Als das Haus wenig später auf den Immobilienmarkt kam, entschloss sich das Ehepaar zum Kauf des Anwesens. Diese Entscheidung habe er bestimmt nicht bereut. Ihn spricht nicht nur die zentrale Lage an, wo man alles mit dem Fahrrad erreichen kann innerhalb von Sonderburg, sondern auch die überschaubare Größe. Die beiden Kinder haben inzwischen das Elternhaus verlassen.

Das Ehepaar Petersen kaufte sein Einfamilienhaus in zentraler Lage in Sonderburg 2005. Am Wochenende sind sie oft in ihrem Ferienhaus an der Flensburger Förde, wo Jörn Petersen laufend die Natur genießt.

Foto: Karin Riggelsen

Nach Kindergarten und Schule war der BDN die nächste Stufe

Trotz des Engagements in den Einrichtungen des Deutschen Schul- und Sprachvereins für Nordschleswig (DSSV) habe Petersen zunächst nicht das Gefühl gehabt, dass er sich im Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) engagieren wollte. Schule und Kindergarten waren naheliegender, so Petersen. Aber irgendwann habe der damalige Schulleiter der Deutschen Schule Sonderburg und BDN-Ortsvorsitzender Helmuth Petersen ihn angesprochen, ob er in den Vorstand des BDN eintreten wollte. Marion und Jörn Petersen waren zu dem Zeitpunkt bereits Mitglieder des Ortsvereins, aber noch nicht besonders aktiv. „Die Vorstandsarbeit im Kindergarten und in der Schule war in erster Linie für die Kinder, während der BDN schon die nächste Stufe meines persönlichen Engagements in der deutschen Minderheit war“, erinnert sich Petersen.

„Das war schön unverfänglich!“

In seiner Anfangszeit beim BDN-Ortsverein ging es in erster Linie um praktische Hilfestellung bei der Aktualisierung der Homepage und darum, Rundbriefe auf den Weg zu bringen.  „Das muss um 2010 gewesen sein, als ich dem BDN-Ortsvorstand beitrat“, überlegt Jörn Petersen, der damals den zweiten Vorsitz übernahm: „Das war schön unverfänglich.“

Von einem Petersen zum anderen Petersen

Als Helmuth Petersen zwei Jahre später ankündigte, dass er kürzertreten wollte, wurde Jörn Petersen neuer Ortsvorsitzender: „Von einem Petersen zum anderen Petersen. Das war ein gleitender Übergang und eine natürliche Entwicklung“, schildert Petersen, der das Amt immer noch innehat. Darüber hinaus übernahm er vor ein paar Jahren den Posten als zweiter Vorsitzender im BDN-Bezirksverein.

Regionale Identität mit Verbundenheit zum Grenzland

Er bezeichnet seine Minderheitenidentität als ein Mischverhältnis: „Für mich ist Sprache und Kultur etwas Technisches, das mich nicht emotional anspricht. Ich kann Kierkegaard lesen, obwohl ich Goethe gut finde.“ Er habe eine regionale Identität und fühle sich dem Grenzland verbunden.

BDN fest verankert als Dachverband und Sprachrohr

Eine Arbeitsgruppe des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), der Dachorganisation der deutschen Minderheit, beschäftigt sich gegenwärtig mit der Struktur der Minderheit. Petersen unterstützt die Initiative des BDN: „Ich finde es gut, dass die Minderheit ihre Strukturen hinterfragt.“ In diesem Zusammenhang verweist er darauf, dass es in der dänischen Minderheit südlich der Grenze auch eine Diskussion über die Struktur gibt. In Nordschleswig sei man aber, so Petersen, mindestens einen Schritt voraus, weil die deutsche Minderheit die eindeutige Rolle des BDN als Dachverband und Sprachrohr festgelegt hat.

„Das ist der springende Punkt, der südlich der Grenze zu Dissonanzen führt, da es dort keinen Dachverband gibt und sich die einzelnen Verbände wie der Kulturverein (SSF, red. Anm.) und der Schulverein nicht einig sind, wer für die Minderheit als Ganzes spricht“, sagt Petersen.

Für die deutsche Minderheit in Nordschleswig würde sich der Wahl-Sonderburger wünschen, dass Nutzerinnen und Nutzer der Minderheiteninstitutionen und -angebote automatisch Mitglied des BDN werden.

Jörn Petersen kann natürlich die vielen Zugezogenen, die nach Nordschleswig ausgewandert sind, verstehen. Das Grenzland ist wunderschön und hat viel zu bieten. Er versteht jedoch auch, dass es für einige schwierig ist, sich zu integrieren, ohne ein Wort Dänisch sprechen zu können.

Foto: Karin Riggelsen

Nie für die Schleswigsche Partei kandidiert

Trotz seines großen Engagements und Interesse für die Minderheit hat Jörn Petersen nie für  Schleswigsche Partei (SP, politische Vertretung der Minderheit) kandidiert. „Wenn ich sowas machen würde, dann müsste ich mich mehr einbringen können. Das kann ich nicht, denn dafür verbrauche ich zu viel Zeit auf der Arbeit. Aber ich habe großen Respekt vor denen, die das leisten, das finde ich schon toll“, lobt Petersen unter anderem den Einsatz von Christel Leiendecker, Kirsten Bachmann und Stephan Kleinschmidt.

Die drei Sonderburger vertreten gegenwärtig die Schleswigsche Partei im Stadtrat der Kommune. Jörn Petersen ist beeindruckt davon, wie die Entwicklung gewesen ist. Er könne sich noch daran erinnern, dass es ablehnende Kommentare gab, als Stephan Kleinschmidt vor einigen Jahren zum Vorsitzenden des Kulturausschusses ernannt wurde. Damals habe es einige Kritiker gegeben, die sich dagegen auflehnten, „dass ein Deutscher für die dänische Kultur“ verantwortlich zeichnen sollte. „Die Zeit ist glücklicherweise vorbei“, stellt Petersen fest.

Zugezogene lassen Ortsverein wachsen

Der 52-jährige Petersen hat in seiner mehr als elfjährigen Periode als Vorsitzender des BDN-Ortsvereins relativ viele Neuanmeldungen verzeichnet. Während die Zahl der Mitglieder vor rund zehn Jahren ungefähr 200 Personen betrug, ist sie inzwischen auf 330 gewachsen, davon sind allein seit 2020 50 Mitglieder neu hinzugekommen. Rund 75 Prozent von ihnen seien Zugezogene aus Deutschland, erklärt Petersen.

Der nächste Schritt sei dann immer, die Mitglieder zu aktivieren, damit sie an den Aktivitäten des Ortsvereins teilnehmen. Zugezogene seien für die Kommune Sonderburg ein Zugewinn. Es kommen viele Familien mit Kindern. Die Menschen im erwerbsfähigen Alter können nicht nur dazu beitragen, Stellen zu besetzen und dann die entsprechenden Steuereinnahmen in die Kommune zu bringen.

„Ich glaube, an den Schulen ist das sehr positiv. Fast zu positiv, da es auch Herausforderungen gibt, die unter anderem in den Schulen der Minderheit sichtbar werden“, überlegt Petersen.

Man müsse aufpassen, dass man dann auch noch Platz für die eigentliche Zielgruppe der Minderheit hat, gibt Petersen zu bedenken. Ursprünglich sei Sinn und Zweck der deutschen Schulen die Vermittlung der deutschen Sprache und Kultur. Deswegen sei es auch eine zusätzliche Aufgabe, Schülerinnen und Schülern, die aus Deutschland neu hinzugekommen sind, nun intensiv Dänisch lehren zu müssen. Ob es sinnvoll wäre, die Schulen der Minderheit zu vergrößern, bezweifelt Petersen. Er vermutet, dass der Schub mit Zugezogenen sich auf Sicht auf einem niedrigeren Niveau einpendeln wird.  Die Coronakrise habe bei vielen Menschen dazu geführt, dass sie ihre eigene Lebenssituation überdacht haben. Wer sich von Deutschland abgeschreckt fühlte in der Coronazeit wegen der ganzen staatlichen Überwachung, der ist in dem durchdigitalisierten Dänemark auch nicht richtig aufgehoben, wirft Jörn Petersen ein. 

Jörn Petersen hofft, dass er Zugezogenen in seinem Amt als Ortsvorsitzender dabei helfen kann, soziale Kontakte zu knüpfen, auch ohne dass die Neuankömmlinge die dänische Sprache beherrschen. „Wir haben die Brückenbauerfunktion, um die Integration zu erleichtern. Zumindest in der Übergangszeit, bis man Dänisch spricht, ist es ein großer Vorteil, sich auf Deutsch verständigen zu können“, unterstreicht der 52-Jährige.

Wir als BDN-Ortsverein versuchen, die Mitglieder zu aktivieren, damit sie an den Aktivitäten des Ortsvereins teilnehmen. Wir haben die Brückenbauerfunktion, um die Integration zu erleichtern. Zumindest in der Übergangszeit, bis man Dänisch spricht ist es ein großer Vorteil, sich auf Deutsch verständigen zu können.

Jörn Petersen über die Brückenbauerfunktion der deutschen Minderheit.

30. Marathon in Manchester

Sein großes Hobby ist der Marathonlauf. Der 52-Jährige findet in den Naherholungsgebieten der Alsenmetropole sowie in und um Rennberg interessante Laufstrecken, um sich in Form zu halten für die großen Läufe. Die Läufe haben ihn und seine Frau, die ihn meistens begleitet, unter anderem nach Berlin, Paris, Hamburg, Boston und Barcelona gebracht. Als seine Tochter acht Jahre alt wurde und sich Familie und Freunde zur Geburtstagsfeier versammelten, machten zwei Freunde von Petersen ihm den Vorschlag, dass man in Berlin einen Halbmarathon laufen könnte. Jörn Petersen meinte, dass man doch gleich mit einer ganzen Strecke loslegen sollte. Und so wurde es dann auch.

Seinen inzwischen 30. Marathon absolvierte Petersen im April 2023 in Manchester, wo der Lauf mit einem Besuch der Tochter Mia kombiniert wurde.

Grenzbereich mit zwei Kulturen, zwei Sprachen und Strömungen

Im Nachhinein habe Petersen darüber reflektiert, warum er diese Ehrenämter auf sich genommen hat. „Es geht mir darum, dass die Zweisprachigkeit für mich ein unheimlicher Mehrwert ist und die Lebensqualität entscheidend verbessert, wenn man erkennt, dass es in diesem Grenzbereich eben beide Kulturen, beide Sprachen, beide Strömungen gibt. Dass beide Minderheiten ihre Berechtigung haben, sowohl das Dänische südlich der Grenze als auch das Deutsche nördlich“, sagt Petersen. Für ihn ist es wichtig und positiv, dass es nicht mehr die Frage ist, ob man Deutsch oder Dänisch ist. Sondern man auch Deutsch und Dänisch sein kann. „Das wird nicht unbedingt als Widerspruch gesehen, was früher teilweise der Fall war. Man kann sowohl als auch sein. Das möchte ich eben gerne fördern“, erklärt Jörn Petersen die Intention, die hinter seinem Engagement steht.

Jörn Petersen nach seinem ersten Marathon in Berlin 2011. Foto: Privat

Auf die Mischung kommt es an

Für ihn ist es generell immer schön, wenn man in einer Gemeinschaft ist und zusammen etwas erreicht als Vorstand. Wenn es von den Mitgliedern positive Rückmeldungen zu den Veranstaltungen und Angeboten, die der Vorstand entwickelt hat, gibt, bereite ihm das eine große Freude. Die Palette solle den Leuten ermöglichen, etwas zu erleben und die Gemeinschaft zu pflegen. Und die deutsche Sprache zu nutzen.

 „Ich glaube nicht, dass ich mich genauso in einem deutschen Verein in Deutschland engagieren würde, aber ich würde mich sehr wohl in einem dänischen Verein in Deutschland engagieren“, meint Petersen. Diese Überlegungen begründet er damit, dass ihn die Möglichkeit, „beides mischen zu können“, anspricht. Diese Verknüpfung erlebe er auch oft auf der Arbeit. Man kommt weiter, so Petersen, wenn man die berühmte deutsche Gründlichkeit mit dem dänischen Pragmatismus kombiniert. „Das ist ja nicht unbedingt ein Gegensatz. Natürlich ist es wichtig, dass man gewisse Fakten und Dinge klar festlegt. Dass man sich dabei aber nicht auf irgendwelche Paragrafen versteift, sondern eine gewisse Flexibilität behält. Das erleichtert das Zusammenleben“, meint der Ingenieur. Das ist das, was er auf der Arbeit erlebe, wo man sehr viel mit deutschen Firmen zusammenarbeitet.

Foto: Karin Riggelsen

Das Interview mit Jörn Petersen wurde im April 2023 geführt.

Jörn Petersen: Lebensstationen

An seine schulische Laufbahn – dänische  Schule in Eckernförde sowie dänisches Gymnasium in Flensburg – schloss sich ein Studienverlauf an der Fachhochschule Flensburg an. Petersen ist Ingenieur mit Schwerpunkt Softwareprogrammierung.  Dem Fachpraktikum und der Abschlussaufgabe folgte im Januar 1997 eine Festanstellung im Sonderburger Unternehmen „Arcodan“. Anschließend arbeitete er bei „Damm Cellular Systems A/S“, bevor er bei „OJ Electronics A/S“ in Sonderburg angestellt wurde. Jörn Petersen und seine Ehefrau Marion Petersen, die seit 2010 Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundes Deutscher Nordschleswiger ist, sind ein aktives Paar der deutschen Volksgruppe. Jörn Petersen interessiert sich nach wie vor für die Belange der dänischen Minderheit, wo er Mitglied von „Sydslesvigsk Forening“ im Ortsverein Eckernförde ist.

In der Alsenmetropole ist er neben den Aktivitäten im BDN Mitglied im Deutschen Ruderverein Germania, dem Sozialdienst Sonderburg, er ist Kassenprüfer des Fördervereins der Deutschen Schule Sonderburg und er ist Kassierer bei „SoftwareForum Alssund“. Die Petersens haben keine Haustiere, denn sie sind viel unterwegs in ihrer Freizeit. Petersen ist Marathonläufer und Technik im Allgemeinen, sowie Computer im Besonderen haben auch sein Interesse.

Die aktuelle Nachrichtenlage im In- und Ausland behält er immer im Blick, und seine Familie zählt er auch zu seinen Hobbys. Er ist Flexitarier. Sein Lieblingsessen ist „all das, was Marion kocht“, und gegrilltes Geflügel. Jörn Petersen hat vor einigen Jahren die doppelte Staatsbürgerschaft erlangt. Er ist deutscher und dänischer Staatsbürger, genau wie seine beiden Kinder. Jesper lebt in Aalborg, wo er im Sommer 2023 seinen Masterabschluss im Studiengang interaktive digitale Medien bestanden hat. Mia ist im zweiten Semester des Bachelorstudiums Neurowissenschaften (Neuroscience) und studiert in Manchester. Ihr musikalisches Talent haben die beiden Petersen-Kinder offenbar von ihrer Mutter geerbt.

Text
Karin Friedrichsen

Fotos
Karin Riggelsen
Private Fotos

Idee & Entwicklung
Harro Hallmann
Sally Flindt-Hansen

0
    0
    Ihr Warenkorb
    Ihr Warenkorb ist leerZurück zum Shop