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Jan-Ole Jürgensen

Das Beste aus beiden Welten

Tatkräftiger Jungbauer hat seinen Weg gefunden im deutsch-dänischen Grenzland

Jan-Ole Jürgensen betreibt einen konventionellen Milchviehbetrieb in Kooperation mit seinem Bruder. Parallel dazu bereitet sich der studierte Landwirt in Aarhus auf den Abschluss seines zweijährigen Studiums vor. Er kehrt danach in seine nordschleswigsche Heimat zurück, nicht nur aufgrund des Hofes, sondern auch, weil er ein Teil ist, der deutschen Minderheit ist und Dankbarkeit verspürt für das, was die Gemeinschaft ihm gegeben hat.

Klautoft (Klovtoft) Jan-Ole Jürgensen öffnet die Tür zum 1855 erbauten Wohnhaus des landwirtschaftlichen Betriebes am Stamplundvej, als wir uns Mitte Mai 2023 mit ihm zum Interview verabredet haben. Der 24-Jährige bewirtschaftet den Milchviehbetrieb zusammen mit seinem jüngeren Bruder Jesper. Den Hof hat das Brüder-Duo am 1. September 2022 übernommen. Obwohl, wie Jan-Ole Jürgensen sagt, es damals eigentlich zu früh gewesen sei, den Sprung in die Selbstständigkeit zu machen: „Aber wir durften diese Chance nicht verpassen“.  Die Flächen des Hofes, der Brüder und dem Betrieb der Eltern, die am Foverupvej wohnen, grenzen aneinander. „Zu meinem Elternhof sind es nur 800 Meter. Mein Bruder, unsere Schwester Johanne und ich sind hier in der Gegend aufgewachsen. So ein Hof mit der Lage wird nur selten zum Verkauf angeboten“, resümiert Jan-Ole Jürgensen.

Das Beste aus beiden Welten: Jan-Ole Jürgensen liebt die deutsche Kultur und Sprache. An der Minderheit fasziniert ihn, dass die Nationalität eines Menschen Nebensache ist. Dass es nicht so wichtig ist, ob man Deutsch oder Dänisch ist.

Foto: Karin Riggelsen

Zugezogen aus Deutschland

Kerstin und Dirk Jürgensen kamen 1997 von Schleswig-Holstein nach Nordschleswig. Auf der Suche nach einem Betrieb mit Schweinehaltung waren sie in Klautoft, westlich von Hellewatt (Hellevad) fündig geworden. „Ich wurde 1998, ein Jahr nachdem meine Eltern hier ansässig geworden waren, geboren“, sagt Jan-Ole. Die Gemeinschaft der deutschen Minderheit in Nordschleswig habe seinen Eltern den Start in der neuen Heimat leicht gemacht. Sie seien, so der junge Hofbesitzer, „echt gut aufgenommen worden“. Jan-Ole verwurzelte auch schnell mit der Minderheit, dessen schulische Einrichtungen er in Rothenkrug (Rødekro), Apenrade (Aabenraa) und Tingleff (Tinglev) besuchte.

Lebensziel: Landwirtschaftliche Zukunft in Richtung Pflanzenbau

Nach dem Abschluss der Klasse 10 an der Deutschen Schule Tingleff (DST) im Sommer 2015 wechselte er an die Landwirtschaftsschule in Gravenstein (Gråsten Landbrugsskole). Dort legte er nach vierjährigem Studium im Sommer 2019 sein Fachabitur ab. „Ich habe einen schulischen Teil und einen berufsbezogenen Teil gemacht“, so Jan-Ole Jürgensen.

Während der Studienzeit durchlief er zwei landwirtschaftliche Praktika. In seinem ersten Lehrjahr war er auf der Halbinsel Loit (Løjt), wo er auf dem Betrieb von Christian Jebsen arbeitete. „Jebsen betrieb reinen Ackerbau. Ich habe damals meine landwirtschaftliche Zukunft in Richtung des Pflanzenbaus gesehen. Ich fand das interessant“, verrät Jan-Ole. Dies hatte er auch im Hinterkopf, als das zweite Praktikum anstand. „Da dachte ich, da muss ich ein bisschen weiter weg“, schmunzelt Jan-Ole Jürgensen. Deswegen zog es ihn nach Mecklenburg-Vorpommern, wo er 2018 ein halbes Jahr auf einer großen Produktionsgenossenschaft in Waren an der Müritz, wo 2.000 Hektar Ackerbau bewirtschaftet wurden, arbeitete.

Bei Jan-Ole Jürgensen gibt es keinen Mangel an Haustieren: „Ich habe 175 Haustiere und das sind meine Milchkühe“, lacht der Jungbauer. Einen Hofhund haben die Brüder und Geschäftspartner nicht. Der Vorbesitzer des Hofes, ein Mann, der ursprünglich aus den Niederlanden nach Dänemark zugezogen ist, hat dem Duo drei Katzen überlassen.

Foto: Karin Riggelsen

Berufseinstieg nach dem Studium auf Rügen

Der Schritt in den Berufseinstieg führte den jungen Nordschleswiger nach Rügen. „Das war wirklich interessant. Alles ein bisschen kleiner als in Waren. Dort konnte man auch seine eigene Meinung mit reinkriegen. Und ich habe einen guten Einblick bekommen, wie ein richtiger Ackerbaubetrieb funktioniert“, erinnert sich der 24-Jährige, der der Familie, die den Hof betreibt, nach wie vor freundschaftlich verbunden ist.

Nicht zurück auf die Schulbank

Nach der Ernte standen im Herbst 2019 die Vorbereitungen für die Aussaat auf der Insel vor Stralsund an. Da er erstmals in seinem Leben nicht auf die Schulbank zurückmusste, konnte Jan-Ole Jürgensen sich in aller Ruhe überlegen, wo er weitere praktische Erfahrungen sammeln könnte.

Saisonverlängerung in Australien

„Ende Oktober waren wir fertig mit der Aussaat. Dann wurde es Winter. Auf einem Ackerbaubetrieb in Deutschland wird es dann ruhig, wir hatten nicht viel zu tun. Dann habe ich mich in den Flieger gesetzt und bin nach Australien gepflogen“, lacht der junge Hofbesitzer.

Die Vorbereitungen für den neunmonatigen Aufenthalt auf der Südhalbkugel des Globus hatte er zweieinhalb Monate zuvor in Angriff genommen. Die Reisevorbereitungen mit Beantragung eines Visums bezeichnet Jürgensen als unkompliziert: „Es wird immer so geschrieben, als ob das schwierig ist. Man muss ein paar Bankdaten schicken an die australischen Behörden, damit sie sehen können, dass man Geld hat für den Rückflug oder ein Rückflugticket vorweisen können. Bei mir war das kein Problem. Das konnte ich am Handy machen.“

Es war Ende Oktober und wir waren gerade fertig mit der Aussaat. Dann wurde es Winter. Auf einem Ackerbaubetrieb in Deutschland wird es dann ruhig, wir hatten nicht viel zu tun. Dann habe ich mich in den Flieger gesetzt und bin nach Australien gepflogen.

Jan-Ole Jürgensen, Jahrgang 1998

Über Ecken und Kanten Kontakt zum neuen Arbeitgeber

Er habe mit einigen Kollegen telefoniert und ein bisschen umgehört und über Ecken und Kanten Kontakt zu einem Landwirt in Westaustralien bekommen. „Ich war gerade fertig geworden auf Rügen und dann ging es wieder von vorne los. In Australien konnte ich mich gleich wieder auf Trecker und Mähdrescher setzen. Das war ganz witzig.“

Wechsel vom Ackerbau zur Milchproduktion

Bei Weihnachtsliedern und 40 Grad Celsius auf dem Trecker zu sitzen, fand Jan-Ole Jürgensen schon etwas seltsam und gewöhnungsbedürftig. Aber die Erfahrungen, die ihm der Job als Erntehelfer in dem großen Land brachte, waren interessant und wertvoll für seine berufliche Zukunft. Das hielt ihn aber nicht davon ab, rund zweieinhalb Jahre später einen markanten Karrierewechsel vorzunehmen und vom Ackerbau zur Milchproduktion zu wechseln. Die Arbeit mit Milchkühen lernte Jan-Ole zu schätzen, als er ab Herbst 2020 für acht Monate auf dem Milchviehbetrieb von Jan David arbeitete und merkte, dass der Kontakt zu den Tieren persönlicher war, wie er es von der Arbeit im Agrarwesen kannte.

Jan-Ole vor dem Opernhaus in Sydney.

Foto: Privat

Sprachkentnisse in Australien stärken

Aber zurück zu dem Aufenthalt in Australien. Jan-Ole Jürgensen war auch dorthin geflogen, um seine Sprachkenntnisse zu stärken. Deshalb hatte er sich bewusst nach Arbeitgebern umgesehen, die keine Erntehelfer aus Deutschland und Dänemark beschäftigen: „Man muss sich da ein bisschen herausfordern.“

Bei seinem ersten Arbeitgeber war er mit zwei gleichaltrigen Franzosen und einem Neuseeländer zusammen. „Ich konnte mich nicht mit Deutschen zusammenrotten. Stattdessen musste ich Englisch sprechen“, lacht Jan-Ole.

Ich habe mich bewusst nach Arbeitgebern umgesehen, die keine Erntehelfer aus Deutschland und Dänemark beschäftigen. Man muss sich da ein bisschen herausfordern.

Jan-Ole Jürgensen wollte seine Englischkentnisse stärken

Zur Jahreswende 2019/2020 hieß es Abschied nehmen von seinem australischen Arbeitgeber. Er reiste nach Perth, wo er den Jahreswechsel feierte und von wo aus er zusammen mit zwei dänischen Kollegen, die er vom Studium in Gravenstein kannte, zu einer Rundreise mit einem Autocamper startete.  „Wir waren anderthalb Monate unterwegs. Wir haben an jeder Milchkanne gehalten und auch viel gesehen“, sagt Jan-Ole Jürgensen. Trotz unvergesslicher Eindrücke ärgert er sich darüber, dass es an dem Tag, wo das Trio das Opernhaus in Sydney ansteuerte, wie aus Kübeln schüttete: „Es hat monatelang nicht geregnet. Und dann stehe ich vor dem markanten und berühmten Opernhaus und es regnet.“

Knivsbergfest nicht verpassen: Rückflug umgebucht

In Sydney entschloss sich Jan-Ole sein Rückticket anders zu planen. Er hatte seine Rückkehr nach Nordschleswig für Ende Juni 2020 gelegt. In Sydney wurde er sich darüber bewusst, dass das geschichtsträchtige Fest der deutschen Minderheit in Nordschleswig auf keinen Fall verpassen wollte. „Ich habe den Rückflug zwei Wochen nach vorne gebucht, damit ich das Knivsbergfest miterleben konnte. Ich fand es perfekt, zu dem Fest nach Hause zu kommen und alle Freunde und Bekannte wiederzusehen“, hatte sich Jan-Ole Jürgensen damals überlegt. Was er zu dem Zeitpunkt nicht wissen konnte, war, dass die Coronakrise im Ausbruch war und das Fest der Minderheit 2020 dem Virus zum Opfer fallen würde.

 

Farmarbeiten mit Schafen

Als seine beiden dänischen Reisekameraden nach Hause flogen, machte sich Jan-Ole auf die Suche nach einem neuen Job. Diesmal arbeitete er für kurze Zeit auf einer Schaffarm nahe Melbourne. „Da bin ich nicht Trecker gefahren. Ich habe etwas anderes probiert und Schafe geschoren“, verrät Jürgensen. Das sei, wie der 24-Jährige meint, eine körperlich anstrengende Arbeit und er habe nicht nur geschoren, sondern vor allem die Qualität der geschorenen Wolle geprüft und sortiert. Kurz bevor die Grenzen zwischen den australischen Staaten geschlossen wurden aufgrund der Coronakrise, konnte Jan-Ole Jürgensen nach Westaustralien fahren, wo er erneut eine Betätigung als Erntehelfer im Ackerbau angenommen hatte. In Espérance im Süden von Westaustralien arbeitete er von Mitte April 2020 bis zu seiner Rückreise am 10. Juni 2020.

Das Beste aus beiden Welten

„Ich habe immer wieder gehört, dass ich nach Hause kommen sollte. Aber in Westaustralien gab es keine Coronafälle. Das war der sicherste Ort der Welt“, so Jan-Ole Jürgensen. Sein Aufenthalt in Australien habe ihm sowohl fachlich wie menschlich viel gebracht.

„Wenn man mich fragte, ob ich Deutscher oder Däne bin, habe ich „the best of both worlds geantwortet.

Jan-Ole Jürgensen lernte die Australier als weltoffen kennen.

Er lernte die Australier als weltoffen kennen. Sie würden, so Lars-Ole Jürgensen, nicht versuchen, ihre Mitmenschen in eine Schublade zu stecken. Bei einer Sache hätten sie auf eine Antwort gedrängt. „Wenn man mich fragte, ob ich Deutscher oder Däne bin, habe ich the best of both worlds geantwortet“, verrät Jan-Ole. Das Beste aus beiden Welten zusammenzusuchen ist für den jungen Mann eine natürliche Sache geworden, durch seine Verbundenheit zur Minderheit, seiner Zweisprachigkeit und seiner engen Zugehörigkeit zum Herkunftsland seiner Eltern.

„Die fanden das eben cool, dass man Dänisch, Deutsch und Englisch sprechen kann. In Australien können sie nur eine Sprache“, erinnert sich der Jungbauer.

Nach seinem Abschluss an der Deutschen Schule Tingleff folgte ab 2015 eine vierjährige Ausbildung an der Landwirtschaftsschule in Gravenstein. Anschließend arbeitete Jan-Ole als Erntehelfer in Deutschland und Australien. Das Interesse für Milchvieh wurde geweckt, als er im Herbst 2020 für neun Monate in Bülderup-Bau beschäftigt war.

Foto: Karin Riggelsen

Arbeit mit Kühen wird zu einer persönlicheren Sache

Zwei Wochen nach der Rückkehr aus Australien verabschiedete er sich erneut von seiner Familie, um nach Rügen zu fahren, wo er seinen Bekannten auf dem Familienhof bei der Ernte und der Aussaat half. Im Winterhalbjahr ruht auf vielen Ackerbaubetrieben die Arbeit. Jan-Ole Jürgensen wusste das aus Erfahrung und deswegen verpflichtete er sich als Mitarbeiter auf einem heimischen Milchviehbetrieb bei Jan David in Bülderup-Bau (Bylderup-Bov).

Dort arbeitete Jürgensen von November 2020 bis zum Juni 2021. „Jan David hat einen Milchviehbetrieb. Damals hatte er knapp 400 Kühe, die ich gemolken habe. Die Arbeit mit dem Milchvieh hat mich ein bisschen gebissen. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum ich mich für die Milchviehhaltung interessiere. Die Arbeit mit einer Kuh ist eine persönlichere Sache. So eine Kuh wird schnell acht Jahre alt“ verrät Jan-Ole Jürgensen, wie es dazu kam, dass er jetzt Mitbesitzer eines Milchviehbetriebes ist. Eine Schweinemast, wie sein Vater sie etablierte, als er nach Nordschleswig anrückte, habe ihn nie interessiert. Dass er Landwirt werden wollte, stand immer außer Frage.

Schulisch durch nach zweijährigem Studium

Nach einem kurzen Abstecher zu der Familie auf Rügen, wo er erneut während der Ernte arbeitete, zog er im September 2021 nach Aarhus. Jan-Ole Jürgensen hatte seit langer Zeit mit dem Gedanken gespielt, seine Ausbildung zu erweitern. An der „Erhversakademi Aarhus“ belegte er den zweijährigen Studiengang Agro Business Manager (Agrarbetriebsleiter). Er könnte das Studium auf Bachelorniveau machen, aber davon sieht er vorerst ab: „Ich glaube, wenn ich da fertig bin, dann bin ich schulisch auch erst einmal durch.“ Mit den beiden Studienschwerpunkten Mitarbeiterführung und Ökonomie bringe er gute Voraussetzung mit für die Arbeit auf seinem Anwesen, sagt Jürgensen.

Der offene Laufstall ist Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit. Die Milchrinder bewegen sich frei und kommen zweimal täglich zum Melkstand: Frühmorgens um 4 Uhr und nachmittags um 15.30 Uhr“, erläutert Jürgensen. Für eine Person dauert eine „Melkrunde“ drei Stunden.

Foto: Karin Riggelsen

Hof gekauft parallel zu den Studien

Das Brüder-Duo hat „einen zweistelligen Millionenbetrag“ für den Kauf des Milchviehbetriebes, auf dem 100 Hektar bewirtschaftet werden, beschaffen müssen. Nachdem feststand, dass der Vorbesitzer die landwirtschaftliche Immobilie verkaufen wollte, aus gesundheitlichen Gründen und weil er keinen Nachfolger hatte, hätten die Brüder alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Finanzierung zu stemmen. Jan-Ole und Jesper waren sich einig, dass sie das Projekt nur zusammen zustande bringen. Auch finanziell der Bank gegenüber. Es gehöre viel Kreativität dazu und außerdem viele verrückte Ideen, um den Handel bewerkstelligen zu können, versichert Jan-Ole Jürgensen.

Studium wird durchgezogen trotz Hofübernahme

Nach Vertragsunterzeichnung fand die Übernahme am 1. September 2022 statt. Jan-Ole überlegte in dem Zusammenhang, sein Studium aufzugeben. Aber den Gedanken verwarfen die Brüder. Jesper Jürgensen, der sich genau wie Jan-Ole auf der Landwirtschaftsschule in Gravenstein ausbildete, hat anfänglich die tägliche Betriebsleitung übernommen.

Jan-Ole ist dann am Wochenende von Aarhus nach Hause gefahren. Die beiden Hofbesitzer haben auch einen Mitarbeiter. Der Mann aus der Ukraine arbeitete bereits einige Jahre bei dem Vorbesitzer. Trotz der Arbeitsteilung war es nicht immer leicht für Jan-Ole den Fokus zu halten beim Studium. „Wenn man weiß, dass man zu Hause gerne mit dabei sein will, dann muss man sich zusammenreißen“, fasst Jürgensen zusammen. Gleich nach seinem Abschluss im Juni 2023 zog er nach Nordschleswig zurück.

Betriebe arbeiten zusammen

Damals, als er und sein Bruder sich für den Erwerb des Hofes entschieden haben, waren sich beide, wie erwähnt, darüber im Klaren, dass es eigentlich einige Jahre zu früh ist, das Projekt zu machen. Aber so ein Anwesen, das flächenmäßig so günstig liegt zum elterlichen Hof, wollten sich die jungen Männer nicht entgehen lassen, denn dadurch können die beiden Betriebe zusammenarbeiten bei der Feldbestellung der insgesamt 250 Hektar. Hierdurch können die Kosten für den Maschinenpark auf beiden Seiten reduziert werden Dabei müsse aber berücksichtig werden, dass Dirk Jürgensen seinen Betrieb ökologisch bewirtschafte, und diesen Status hat der Hof seiner Söhne nicht.

Gefühle spielen eine große Rolle beim Umgang mit Tieren

Obwohl Jan-Ole auf einem Ökobetrieb aufgewachsen ist, nimmt er seinen neuen Status als konventioneller Landwirt gelassen. „Jetzt gerade ist das kein großer Vorteil, Ökologe zu sein. Als wir anfingen, hatten wir sehr gute Milchpreise im September, Oktober und November. Das hat uns gut in die Karten gespielt“, freut sich der Milcherzeuger über einen guten Start als Hofbesitzer. Landwirtschaft habe immer was mit Gefühlen zu tun. Aber es muss auch finanziell laufen, stellt Jan-Ole fest. Was die Zukunft bringt, weiß er nicht. Er fühlt sich aber nicht für immer angekettet auf dem Anwesen am Stamplundvej.

„Wir müssen sehen, was wir machen. Status quo ist, dass wir momentan beide hier sind. Ich muss im Juni mein Studium erfolgreich abschließen. Und dann gucken wir, was die Zeit bringt“, meint der 24-Jährige, der andeutet, dass sein Bruder sich auch mit dem Gedanken trägt, für kürzere Zeit ins Ausland zu gehen, um, genau wie er es machte, Erfahrungen zu sammeln und sich von neuen Ideen und anderen Denkweisen inspirieren zu lassen.

Jan-Ole Jürgensen und sein Bruder besitzen den Milchviehbetrieb zu gleichen Teilen. Im Wohnhaus verfügen sie über 350 Quadratmeter Wohnfläche. Beim Kochen wechseln sich die beiden Junggesellen ab oder fahren ins Elternhaus, um gemeinsam mit den Eltern und der Schwester zu essen.

Foto: Karin Riggelsen

Fliegender Wechsel im Kuhstall

Die Jürgensens haben 2022 einen laufenden Betrieb übernommen. Am 1. September morgens um 4 Uhr haben die Brüder das erste Mal für sich selbst gemolken. Tags hatte der Vorbesitzer noch die Verantwortung für die Milchkühe der Rasse Holstein-Friesian. Auch die Kälberaufzucht war ein Teil des Handels. Jan-Ole, Jesper und ihre Helfer, zu denen ab und an ihre Schwester Johanne zählt, betreuen selbst die Kälber, bis sie drei Monate alt sind. Danach werden sie, wie Jan-Ole Jürgensen es nennt, in ein „Kälberhotel“ geschickt. Das Rind kommt, wenn es geschlechtsreif ist, als Färse einen Monat vor der ersten Kalbung auf den Hof zurück.

Alte Gebäude und Probleme mit dem Laufstall

Jan-Ole Jürgensen ist sich bewusst, dass sein Gehöft, auf dem Gras- und Maissilage für das eigene Milchvieh angebaut wird, kein großer Hof ist. Für ihn sind die Landwirtschaft im Allgemeinen und sein Unternehmen im Besonderen zukunftsträchtig, wenngleich er und sein Bruder einen alten Betrieb mit alten Gebäuden gekauft haben.

Die Produktion laufe jedoch sehr gut. Er weiß, dass 2034 Schluss ist mit der Milchproduktion im offenen Laufstall. Zu dem Zeitpunkt kommen neue Regeln für die Viehhaltung und bis dahin müssen die Brüder eine Lösung gefunden haben für die Stallungen. Aber, so Jan-Ole Jürgensen, darüber mache er sich im Augenblick kaum Gedanken, zumal es unter anderem viele offenen Fragen gibt, da mit einer möglichen zukünftigen Besteuerung der Landwirtschaft gerechnet werden muss, um dadurch Dänemarks CO2-Ziele erreichen zu können. Die Landwirte und Landwirtinnen warten diesbezüglich auf politische Vorgaben aus Kopenhagen (København). Es sei, so Jürgensen, noch völlig unklar, worauf er und seine Kollegen sich einstellen müssten.

Herausforderungen könnten Landwirtschaft ausbremsen

So eine Besteuerung könnte eine ausbremse werden für die Landwirtschaft, meint der 24-jährige Hofbesitzer. Die große Ungewissheit sei schwer zu handhaben: „Es könnte in zwei Jahren sein oder erst in 20 Jahren. Wir wissen es nicht“. Man wisse auch nicht, ob die Steuer kommt und in welchem Umfang. Andere Länder haben keine CO2-Steuer, stellt Jürgensen klar. In der EU ist es bislang nur in Dänemark, wo die Steuer diskutiert wird. Und bei Einführung der Steuer werde der faire Wettbewerb verloren gehen, weil die dänischen Landwirte danach nicht die gleichen Voraussetzungen haben wie ihre Berufskollegen.

„Wenn die Steuer kommt und hoch wird, dann kommen die Kühe weg“, verrät Jürgensen seine Einstellung. Er bezweifelt, ob die Entscheidungsträger sich dessen bewusst sind, dass eine CO2-Steuer Arbeitsplätze kostet. „Wenn ich deswegen weniger Kühe haben, dann brauche ich weniger Mitarbeiter. Das vergessen die Politiker. Die denken immer, das sind nur die Leute, die auf den Betrieben angestellt sind. Wir haben Elektriker, Handwerker und Besamungstechniker, die bei uns arbeiten. Und wir beliefern eine Biogasanlage bei Tondern (Tønder, red. Anm.) mit unserer Gülle“. Das sind diese Folgesachen, die man so ein bisschen vergisst in meinen Augen.“

Öde im ländlichen Raum ohne Landwirtschaft

Was ein weiterer Grund ist für den Jungunternehmer der Landwirtschaft nicht mehr Ausgaben aufzuerlegen, sei die Tatsache, dass der Landesteil Gefahr laufe, auszusterben. „Dann ist es, glaube ich, auch nicht mehr so interessant hier zu sein. Dann wird das öde. Die Landwirtschaft ist ein großer Brotgeber hier auf dem Land. Hier bei gibt es hauptsächlich viele Milchviehbetriebe“, so Jürgensen, der trotz alledem eine Zukunft sieht für kleinere Betriebe, da bin ich mir auch einig mit einigen Kollegen. Jüngere Leute, die zu Hause den Generationswechsel machen. Die sehen eine Zukunft in kleineren Betrieben.“

Eltern sind aktive Mitglieder der deutschen Gemeinschaft

Das Interesse für den ehrenamtlichen Einsatz für die Minderheit haben seine Eltern ihm quasi in die Wiege gelegt. Kerstin Jürgensen, die Gärtnerin und studierte Landwirtin ist und bei einem deutschen Pflanzenzuchtbetrieb in Hellewatt als Abteilungsleiterin arbeitet, war Vorstandsmitglied des Rothenkruger Kindergartenvereins, Vorsitzende der Deutschen Schule Rothenkrug und gehört aktuell dem Ausschuss des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig an. Auch im BDN-Ortsverein (Bund Deutscher Nordschleswiger) ist Kerstin Jürgensen aktiv.

Dirk Jürgensen hat ebenfalls Ämter. Er ist unter anderem Vorstandsmitglied im Kreisverein des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Nordschleswig (LHN) und engagiert sich auch im LHN-Hauptvorstand sowie Kirchenvertreter im Pfarrbezirk Süderwilstrup.

Die Leidenschaft für die Landwirtschaft liegt in den Genen. Jan-Ole (vorne am Lenkrad) und sein Bruder auf dem Trecker, 2004.

Foto: Privat

Ehrenamt bei der Jugendpartei der Schleswigschen Partei

Das Ehrenamt bei den jungen SPitzen, der Jugendpartei der Schleswigschen Partei (SP), übte Jan-Ole Jürgensen 2017 und 2018 aus. Die Arbeit während der beiden Amtsperioden hat Jan-Ole darin bestärkt, dass er sich auch in Zukunft für die Minderheit engagieren möchte.

Wo er seinen Fokus legt, ist noch nicht entschieden. Seine Interessieren liegen sowohl beim Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig, (LHN) als auch bei der Schleswigschen Partei. Alles könne er nicht überblicken und deswegen müsse er, wenn der Alltag auf dem Hof einkehre, sich überlegen, für welchen Aufgabenbereich er sich entscheidet.

Jan-Ole Jürgensen ist deutscher Staatsbürger. Er hofft, zu einem späteren Zeitpunkt die dänische Staatsbürgerschaft erwerben zu können und die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft zu nutzen. Die Antragstellung habe er vor einigen Jahren auf die lange Bank geschoben aufgrund des bürokratischen Aufwands. Momentan hat er dafür keine Zeit übrig und er tröstet sich damit, dass beide Länder ein Teil von Europa sind.

Foto: Karin Riggelsen

Landwirtschaftlicher Verein mit deutschen Wurzeln

Jan-Ole und sein Bruder sind Mitglieder und Betriebskunden des LHN. Der Verein stand ihnen beratend zur Seite bei dem Kauf des Hofes. In seinem Aarhuser Studienumfeld werde er oft nach dem Hintergrund des LHN gefragt. Der Verein mit den deutschen Wurzeln habe, wie Jan-Ole unterstreicht, weiterhin eine Daseinsberechtigung und er fühlt sich gut beraten sowohl im Alltag als auch in Verbindung mit der Hofübernahme. „Es ist super, dass es ihn gibt“, sagt Jürgensen, der sich wünscht, dass der Verein „gerne mehr in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten dürfte.“

Ehrenamt im der Jugendpartei veränderte Blick auf die Minderheit

Die beiden Legislaturperiode bei den Jungen Spitzen möchte Jan-Ole nicht missen. Er habe viele interessante Leute kennengelernt und auch das seine geleistet, um die Jugendpartei voranzubringen. Dabei habe er vorwiegend hinter den Kulissen gearbeitet. Er erinnert sich an die Vorbereitungen für die Kommunalwahl 2017, wo er unter anderem als Wahlhelfer der Kandidaten der Schleswigschen Partei im Einsatz war. In seiner zweiten Amtsperiode hatte er auch Sitz im Vorstand. Damals geriet die Partei etwas in die Schlagzeilen, weil sich der Vorstand mehr oder weniger als Männer zusammensetzte. Jan-Ole Jürgensen erzählt, dass er und seine Vorstandsmitglieder immer wieder versucht hätten, Frauen an Bord zu holen. Im Augenblick hat die Partei das umgekehrte Problem, denn der Frauenanteil in der Vorstandsspitze ist herausragend.

Das Ehrenamt bei den Jungen Spitzen habe seinen Blick auf die Minderheit verändert. „Das zeigte mir, was alles dahintersteckt. Davor habe ich immer nur die Schulen und Einrichtungen gesehen. Jetzt ist es mehr die Geschichte dahinter. Das gute Nebeneinander und Miteinander“, sagt Jan-Ole, dem wichtig ist, dass die ursprüngliche Minderheit nicht vergessen wird im Kielwasser der vielen neuen Zugezogenen, die auch dafür sorgen, frischen Wind zu bringen.

Die Minderheit hat ihren Platz gefunden

Jan-Ole Jürgensen ist sich sicher, dass es für die Minderheit immer einen Platz geben wird in Nordschleswig: „Die Frage ist nur, wie groß der Platz ist.“ Der 24-Jährige sieht sich selbst als Minderheitendeutscher, obwohl seine Vorfahren nicht seit Generationen im Landesteil gelebt haben. „Ich freue mich immer wieder, wenn ich von Aarhus komme und an der Autobahn die braune Tafel (Touristische Unterrichtungstafel, red. Anm.) sehe, die auf den Knivsberg hinweist.“

Das ist so ein Zeichen dafür, dass die Minderheit etwas erreicht hat. Es ist immer wichtig, dass man auf sich aufmerksam macht. Bei den zweisprachigen Ortsschildern konnte bislang leider noch nichts erreicht werden“, lenkt Jürgensen die Aufmerksamkeit auf die Debatte bezüglich mehrsprachiger Ortsschilder.

Jan-Ole hat keine Kinder. Er ist sich aber sicher, dass er, sollte sich irgendwann Nachwuchs anbahnen, seine Kinder die Einrichtungen der deutschen Minderheit besuchen sollten. Für ihn ist es nicht nur die Möglichkeit gewesen, zweisprachig aufzuwachsen, die einen Mehrwert darstellen. Er ist der Minderheit dankbar dafür, dass er die Einrichtungen hat nutzen können. Als er jünger war, hatte er nur daran gedacht, dass die schulischen Einrichtungen ein Teil der Minderheit sind. Jetzt weiß er aber, dass die gesamte Minderheit ein vielfältiges Konstrukt ist mit Vereinen und Organisationen ist, die tief verwurzelt sind im Landesteil.

 Das Interview mit Jan-Ole Jürgensen wurde im Juni 2023 geführt.

Jan-Ole Jürgensen: Lebensstationen

An seine Zeit im deutschen Kindergarten in Rothenkrug schloss sich seine schulische Laufbahn – Deutsche Schulen Rothenkrug und Apenrade (Aabenraa) sowie den den Abschluss der Klasse 10 an der Deutschen Schule Tingleff – folgte ab 2015 eine vierjährige Ausbildung an der Landwirtschaftsschule in Gravenstein an. Anschließend arbeitete er als Erntehelfer in Deutschland und Australien. Das Interesse für Milchvieh wurde geweckt, als er im Herbst 2020 für neun Monate in Bülderup-Bau (Bylderup-Bov) beschäftigt war.

Jan-Ole Jürgensen ist das älteste Kind in einer dreiköpfigen Geschwisterschar. Er wurde am 16. Oktober 1998 im Krankenhaus in Sonderburg (Sønderborg) geboren. Sein jüngerer Bruder Jesper (Jahrgang 2001) ist sein Kompagnon auf dem Hof in Klautoft. Schwester Johanne (Jahrgang 2005) macht im Sommer 2023 ihr Abitur am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig. Die junge Frau peilt auch eine landwirtschaftliche Ausbildung an. Sie folgt ihren Brüdern auf die Landwirtschaftsschule in Gravenstein. Jan-Ole Jürgensens Mutter Kerstin ist Gärtnerin und studierte Landwirtin. Sie ist Abteilungsleiterin in Hellewatt. Vater Dirk, der auf der deutschen Halbinsel Holnis (Holnæs) mit Blick nach Dänemark, aufwuchs, ist Hofbesitzer.

Jan-Ole Jürgensen ist Single. Grünkohl mit Kassler und Kohlwurst ist sein Leibgericht. Er zählt Segeln und Handballspiel zu seinen Hobbys. In seiner Kindheit und Jugend war er aktiver Handballspieler im Sportclub Saxburg Bülderup. Nach Nordschleswig zurückgekehrt, rollt für ihn der Handball im Verein der Minderheit. Während der beiden Jahre in Aarhus hat der 24-Jährige Handball in der jütischen Hauptstadt gespielt.

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Karin Friedrichsen
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